Das Thema ”Tierschutzhund” und vor allem “Tierschutzhund aus dem Ausland” ist stark diskutiert und mit vielen Vorurteilen belegt: Vom angeblich glücklichen Straßenhund, der keinesfalls in eine Wohnung gesperrt werden möchte bis hin zum “ ganz schlimm misshandelten Hund”, der dir für immer Dankbarkeit zeigen wird, hört man vieles.

Um herauszufinden, was stimmt und was nicht, schauen wir uns 3 wichtige Fragen an:

1. Welche Hunde landen im Tierschutz?

Das lässt sich pauschal kaum beantworten, denn auch in Spanien werden Hunde aus Familien abgegeben oder beschlagnahmt, es landen viele Fundtiere, deren HalterInnen nicht ausfindig gemacht werden können, in Tierheimen oder Tötungsstationen und dann sind da in Spanien noch die ausgesetzten, nicht mehr gebrauchten Jagdhunde.

Während Abgabehunde und Beschlagnahmungen leider auch bei uns Normalität sind, können wir uns kaum vorstellen, wie es passieren kann, niemals die BesitzerInnen eines Fundtieres ausfindig machen zu können. Das haben wir hier in Deutschland letztendlich Tasso zu verdanken! Da es solch ein Register leider in Spanien nicht gibt  und streunende Hunde auch nicht immer sofort Aufsehen erregen,  bleiben auch herrenlos aufgefundene Hunde im Tierheim sitzen. 

Die Jagd mit Hunden sieht in Spanien ganz anders aus, als wir es kennen.  Meist werden je nach Landschaft Podencos und Galgos (Lauf- und Windhunde) ausgehungert und dann selbstständig auf Hetzjagd geschickt. Das sind dann richtige Wettkämpfe. 

Der Leistungsdruck ist groß, Tiere, die nicht schnell genug sind, werden als Last gesehen.  So ist es trauriger Standard, dass nach der Saison die langsamen Hunde ausgesetzt oder getötet werden. Man muss froh sein, wenn Jäger wenigstens die Hunde am Tierheim anbinden oder sogar wirklich dort abgeben.  Leider sind die Hunde oft verletzt und verängstigt.  Mehr dazu könnt ihr in dem Buch „Spaniens vergessene Hunde- Das Schicksal der Galgos“ von Charlotte Link und Rebecca Sytlof nachlesen.

Es gibt also die unterschiedlichsten Gründe, warum ein Hund im Tierschutz landet,  genauso verschieden sind auch die Hunde selbst. 

Der 9-jährige Hütehund, der alleine auf einem Grundstück gefunden wurde, der geliebte 4-jährige Malteser, den die Familie nicht mehr halten kann oder die junge Podenca mit ihren Welpen, die von einem Jäger ausgesetzt wurden: Rasse- sowie Mischlingshunde, Junge sowie Alte und Misshandelte wie auch sehr geliebte Hunde landen also im Tierschutz.  Jeder ist anders, jeder ist besonders.

2. Was wissen wir über “unsere” Hunde?

Auch das ist nicht immer gleich: Welche und wie viele Infos wir über den jeweiligen Hund bekommen, hängt von mehreren Faktoren ab. Kommt ein Hund aus einer Familie und wird abgegeben, ist meist viel über den Charakter, Gesundheit und Gehorsam bekannt.  Auch können wir bei diesen Hunden eher einschätzen, wie sie sich im neuen Heim verhalten werden. 

Leider ist das bei gefundenen oder ausgesetzten Hunden nicht so. Auch die Dauer des Aufenthalts im Tierheim und ob sie sich gut von den HelfernInnen in Spanien untersuchen lassen spielt eine wichtige Rolle, wie viele Informationen wir über das Tier weitergeben können. Über einen sehr scheuen Hund, der erst vor wenigen Wochen gefunden wurde, können wir nur das vom Tierarzt geschätzte Alter und von uns beobachtbare Verhalten angeben. Auch können nicht sämtliche Krankheiten ausgeschlossen werden außer die, auf die die Tiere in Spanien getestet werden. Es kann also durchaus vorkommen, dass hier in Deutschland eine Ohren- oder Zahnfleischentzündung entdeckt wird, die vorher einfach nicht bekannt war. 

Doch auch bei Hunden, die schon länger im Tierheim sind, kommt es vor, dass Veränderungen des Bewegungsapparates oder Auffälligkeiten im Verhalten, die auf ein organisches Problem hindeuten, so nicht erkannt werden und erst im engen familiären Zusammenleben mit dem Tier hier in Deutschland bemerkt werden. Die Umstände in spanischen Tierheimen unterscheiden sich deutlich von denen in deutschen Tierheimen und auch, wenn alle HelferInnen sich redlich bemühen, kann niemand hierfür Garantien geben.

Das gilt gleichermaßen auch für das Verhalten des Hundes. Niemand kann eine 100%-ige Aussage über bestimmte Charaktereigenschaften machen,  zumal  sich Hunde in unterschiedlicher Umgebung auch unterschiedlich präsentieren oder auf Menschen in ihrem Umfeld verschieden reagieren. Der Hund ist ein Lebewesen, das genau wie der Mensch auch seine Umwelt widerspiegelt. Wird ein Hund also bei der Abgabe von den VorbesitzerInnen als unkompliziert beschrieben, ist nicht ausgeschlossen, dass er bei den neuen HalternInnen einige Schwierigkeiten mit dem „Alleinebleiben“  hat, da er einfach befürchtet wieder verlassen zu werden. Genauso kann der ruhige, etwas ältere Hund, sobald er nicht mehr von so vielen größeren Hunden umgeben ist und durch das weiche Sofa auch keine Schmerzen mehr hat, wieder aufblühen und aktiv werden.

Bedenken Sie bitte immer, dass Hunde Lebewesen sind und wir nie für etwas garantieren können.  Gehen sie möglichst ohne Erwartungshaltung  an die Adoption und freuen sie sich über die gemeinsame Entwicklung mit ihrem neuen Familienmitglied.

3. Wie leben die Hunde vor der Adoption?

Nun,  was mit den Hunden geschah, ehe sie im Tierheim landeten, darüber lässt sich oft nur spekulieren.  Allerdings sollte AdoptantInnen auch klar sein, wie die Hunde im Shelter selbst leben, um ihr Verhalten zu verstehen.

Tierheime in Spanien sind meist privat und bekommen wenig bis keine staatliche Unterstützung. Sie gehören Tierschutzvereinen, die von engagierten Ehrenamtlichen in deren Freizeit mit viel Aufwand organisiert werden.  Auch die angestellten Pfleger sind außerhalb ihrer normalen Arbeitszeiten noch im Einsatz, um gemeldete Hunde zu sichern, mit Notfällen zum Tierarzt zu fahren oder bei Unwettern nach den Hunden zu sehen. Wir haben also TierschützerInnen, die mehr als 100% geben und kaum Geld erhalten. Da sollte jedem klar sein, dass zuerst die generelle Versorgung der Hunde mit Futter und die Reinigung der Zwinger ansteht, dann die medizinische Versorgung der Notfälle, und alles darüber hinaus ein Bonus ist, um den sich gekümmert wird, wenn Zeit da ist. 

Trotzdem schaffen sie es, dass mit genug Zeit teils sozial-auffällige Hunde wieder in die Gruppe integriert werden können und starke Angsthunde langsam Vertrauen fassen. Auch gehen einige Hunde immer samstags mit Freiwilligen Gassi: DAS  ist das Highlight der Woche!

Vormittags laufen die Hunde frei in großen Gruppen und kommen lediglich nachmittags wieder in die Zwinger, welche sie sich zu zweit, dritt oder selten zu viert teilen.  Auch stehen ihnen große Schalen mit Futter zur freien Verfügung, was bei den meisten Hunden dafür sorgt wenig Ressourcenverteidigung zu zeigen und allgemein ein super Sozialverhalten bringt. Die jungen Hunde können miteinander spielen, während die Alten sich sonnen oder schlichten, bevor irgendwo ein Konflikt entsteht. 

Da das Tierheim außerhalb der Stadt steht und nur von Orangenplantagen umgeben ist, kennen die Hunde oft nicht viel, sie bewegen sich die meiste Zeit auf dem Betonboden im Tierheim und schlafen auch nicht auf Sofas! Es ist also normal, dass sie sich erstmal an unterschiedliche Untergründe gewöhnen müssen und nicht immer sofort große Gassirunden gehen können.